MVP effizient und kostengünstig entwickeln – so geht's

Im siebten Teil unserer Serie zum Thema nutzerorientierte Produktentwicklung beschäftigen wir uns mit der Frage: Wie kann nach Konzept und Design in möglichst kurzer Zeit ein MVP erstellt werden?

Das MVP (Minimal Viable Product) ist die erste, minimal funktionsfähige Iteration eines Produktes. Es dient zum raschen Markteintritt sowie zum Einholen des Nutzer:innenfeedbacks und ist somit ein wichtiges Tool im Innovationsprozess.

Warum sollte das MVP möglichst schnell entwickelt werden?

  • Nutzer:innenfeedback kann früh gemessen und somit die Sicherheit bezüglich den Nutzer:innenbedürfnissen und der Akzeptanz des Produktes gestärkt werden
  • Das Risiko beim Markteintritt wird minimiert (fail fast, fail early)
  • Die Time-to-Market wird verkürzt
  • Das MVP bietet zudem bereits zu Beginn einen Mehrwert für die Nutzer:innen

In diesem Artikel zeigen wir auf, wie also mit welchen Tools ein softwarebasiertes MVP schnell entwickelt werden kann, welche Funktionen eingebaut werden sollten und wie die Bereitstellung möglichst einfach gelingt.

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie zur nutzerorientierten Produktentwicklung. Weitere Informationen zu Produkt-Vision, Wireframes und Prototypen finden Sie in den vorherigen Beiträgen.

 

Die 5 Grundlagen für die effiziente Entwicklung des MVP

Think Big, Start small! Der Fokus bei der Entwicklung des MVP sollte auf die Nutzer:innensicht gelegt werden. Das heisst das MVP erfüllt bereits den Zweck der Nutzer:innen und bringt Mehrwert.

1. Essentielle Funktionen

Wie der Name bereits sagt (Minimal Viable Product = minimal überlebensfähiges Produkt) geht es darum, die essentiellen Funktionen bereitzustellen. Für die Entwicklung ist es notwendig, die Hauptmerkmale zu definieren und diese von den Funktionalitäten zu trennen, die für zukünftige Versionen in einer iterativen Weiterentwicklung hinzugefügt werden.

Es gibt verschiedene Techniken, die bei der Priorisierung helfen, wie zum Beispiel die MoSCoW-Methode zur Bestimmung sogenannter Feature Buckets (Nice to have vs. Must have vs. Nicht benötigt) oder auch mittels KANO-Modell (Fokus Kundenzufriedenheit).

2. User Experience

Bei einem MVP muss auch die User Experience hoch sein und ansprechbar aussehen. Ein rein funktionaler Prototyp ist kein MVP. Um rasch gute Ergebnisse zu erzielen, bieten sich diverse Frontend-Frameworks wie beispielsweise Bootstrap, Semantic UI oder Foundation an. Sie erleichtern das Erstellen von optisch und funktional modernen Websites immens und bieten eine sehr grosse Auswahl an UI-Komponenten. Ausserdem stellen sie die Kompatibilität mit den wichtigsten Web-Browsern sowie unterschiedlichen Darstellungsgrössen sicher.

3. Entwicklungsvorgaben

Je nach Verwendungszweck bietet es sich an, das MVP in einem ersten Schritt web-basiert, jedoch responsive zu entwickeln. Das heisst, die Software passt sich dem Anzeigegerät, u.a. Handy, Tablet, Desktop an. Somit muss die Anwendung nicht gerätespezifisch entwickelt werden. Im zweiten Schritt werden dedizierte Apps (iPhone/Android in App-Store) entwickelt.   

4. Datenbackend

Für die initiale Datenverwaltung im Backend empfehlen wir ein Serverless-Backend wie z.B. SQLite. SQLite ist das verbreitetste und meistverwendete Datenbanksystem der Welt und lässt sich direkt in entsprechende Anwendungen integrieren, sodass keine weitere Server-Software benötigt wird. Die relationale und SQL-kompatible Datenbank kann später für den Produktivbetrieb beispielsweise auf PostgreSQL oder MS SQL Server ausgelagert werden. 

5. Bereitstellung

Das Bereitstellen der Infrastruktur braucht oft eine bestimmte Vorlaufzeit, was den Entwicklungsprozess verzögern kann. Für die rasche Validierung durch die Key-User empfehlen wir die initiale Bereitstellung der Infrastruktur über Cloud-Lösungen. Dazu bietet sich der Bezug von Webserver und Datenbank als Plattform-as-a-Service an, um so den Installations- und Verwaltungsaufwand kleinzuhalten.

 

Welche Frameworks eignen sich zur MVP Entwicklung 

Für die Entwicklung des digitalen MVP’s stehen verschiedene Web-Entwicklungs Frameworks wie z.B. Python/Django, Ruby/Ruby on Rails, JavaScript/Vue.js, PHP/Laravel zur Verfügung.

Idealerweise sollte ein Framework verwendet werden, welches folgende Voraussetzungen erfüllt: 

  • Model-View-Controller Framework: Eine strikte Trennung zwischen der Anzeige (UI), der Logik sowie der Datenhaltung ist nicht nur für ein MVP essenziell. Es bringt Struktur in die Anwendung, erlaubt einen modularen Aufbau und ermöglicht die spätere Flexibilität bei einem Wechsel (z.B. Erweiterung einer Mobile-App oder Wechsel des Datenbankbackends). 
  • High-Level Programmiersprache mit grosser Entwicklercommunity: Eine grosse Entwicklercommunity garantiert die Weiterentwicklung und eine möglichst moderne Sprache spart erheblichen Programmieraufwand. 
  • Vielzahl an Modulen/Erweiterungen: Eine Sprache mit vielen Modulen und Erweiterungen ermöglicht eine sehr rasche Entwicklung diverser Funktionalitäten. Insbesondere bei der MVP-Entwicklung ist es sehr hilfreich, das Rad nicht neu zu erfinden und auf eine Vielzahl an Funktionalitäten und Integrationsmöglichkeiten zurückgreifen zu können.  

Unsere Empfehlung: Django als Entwicklungsframework

Aus unserer Sicht eignet sich das Entwicklungsframework Django auf Basis der Programmiersprache Python sehr gut für die schnelle Entwicklung des MVP. Es ist eine der populärsten Programmiersprachen weltweit und bietet vorgefertigte Module für diverse Erweiterungen:

  • Module für die Aufnahme von Kund:innenfeedback (u.a. A/B Testing, Traffic Analyse, Clickmaps oder Feedback Surveys) sowie zur individuellen Kund:innenansprache beispielsweise über ChatBots.
  • Benutzer:innenauthentifizierung mit allen möglichen Services (z.B. Google, Microsoft, Facebook, Apple, Active Directory, etc.). So können sich die Nutzer:innen bequem mit bestehenden Logins oder per SSO am MVP anmelden.
  • Module für Data Analytics, Data Mining ermöglichen die rasche Einbindung essenzieller Daten im MVP und unterstützen die Analyse grosser Datenmengen mittels Integration mit BigData Plattformen.

 

Testtools einbauen, um Feedback direkt zu messen 

Wie wir in unserem Artikel bereits erwähnt haben, ist es besser die Nutzer:innen beim Testen zu beobachten, als sie im Nachhinein zu befragen. Die Verwendung geschieht nämlich oft unterbewusst und intuitiv. Selbst wenn der Nutzer:innen ehrlich antworten möchte - oft weiss er es einfach nicht besser.

Das Schöne an der Digitalisierung ist: Es gibt Tools, die direkt im MVP eingebaut werden können, um die Verwendung zu messen und zu analysieren. Auch hier bietet Django Tools, die einfach integriert werden können. So können Heatmaps zum Nutzer:innenverhalten, User Feedback und Nutzer:innenanalysen (Hits, Traffic, etc.) als hilfreiche und sehr effektive Methoden zur MVP-Validierung eingesetzt werden.

A/B-Testing bietet aufschlussreiche Einsichten

Mit A/B Testing können unterschiedliche Varianten von Funktionsweise oder Darstellungen an den Nutzer:innen getestet werden, um Hypothesen zu validieren. Beispielsweise kann so gemessen werden, ob die Conversion Rate (d.h. das Verhältnis der Besucher:innen einer Website zu einer Conversions bei einem grünen oder einem roten Button höher ist.)

Wir empfehlen optimizely, ein A/B Testing-Programm welches einfach über ein Modul in ein Django MVP integriert werden kann.

Webanalytics für allgemeine User-Daten

Eine weitere Möglichkeit, Daten zu gewinnen, sind Webanalytics-Tools. Hier können allgemeine Informationen über den User gewonnen werden (z.B. welche Browsersprache, aus welcher Region kommen die User). Mit diesen Erkenntnissen kann das MVP entsprechend sinnvoll erweitert werden. Wenn zum Beispiel anhand der Browsersprache erkannt wird, dass viele französischsprachige User eine bisher nur deutschsprachige Webseite besuchen, dann kann die Weiterentwicklung zu einer mehrsprachigen Webseite mit der Sprache Französisch eine sinnvolle nächste Entwicklung sein.

Für diese Auswertungen können Tools wie Google Analytics oder crazyeggs verwendet werden.

 

Checkliste: So wird das MVP schnell und kostengünstig entwickelt

  • MVP definieren:  Die essentiellen Funktionen werden aus dem Zielbild abgeleitet, priorisiert und für das MVP entwickelt. Auch die UX muss stimmen, ein rein funktionaler Prototyp ist kein MVP. Im ersten Schritt wird eine webbasierte und responsive Software entwickelt, um die verschiedenen Geräte und Applikationen mit weniger Programmieraufwand zu testen.
  • Entwicklungsprozess effizient gestalten: Ein serverless Datenmanagementsystem und die Verwendung von Cloud-Lösungen hält das MVP schlank, reduziert Abhängigkeiten und ermöglicht eine sehr schnelle Bereitstellung des MVP für erste Funktionstests. Die Verwendung von Frontend-Frameworks ermöglicht die Entwicklung einer hochwertigen UI.
  • Richtiges Entwicklungsframework verwenden: Django ist eines der weitverbreitetsten Systeme und bietet Module für fast alles. Gerade für ein MVP ermöglicht es so die rasche Einbindung und Bereitstellung verschiedenster Funktionalitäten.
  • Tools messen direktes Feedback: Das Nutzer:innen-Feedback kann dank den richtigen Tools direkt beim Testen eingeholt werden. A / B Testings bieten direkte vergleiche der Varianten, Webanalytics ergänzt die demografischen Daten.

Die Autoren:

Stefan Weymann,
Senior Consultant

Stefan Weymann,
Senior Consultant