Customer Centricity: Von Methoden zur Kultur

Kund:innen und Benutzer:innen in den Fokus aller Tätigkeiten stellen, pragmatisch entwickeln, datengetrieben optimieren - die Grundprinzipien von Customer Centricity fassen sich einfach zusammen.

Je länger man sich jedoch mit dem Thema beschäftigt, desto mehr Fragen kommen auf. Wo fängt man an, was ist wirklich wichtig? In welchem Zusammenhang steht die Kund:innenzentrierung mit anderen Ansätzen wie beispielsweise Agilität? Und wie wird Customer Centricity ganzheitlich etabliert?

Durch unsere Projekterfahrung haben wir einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt, der Klarheit in die Komplexität bringt. Unterschiedlichen Methoden wie Design Thinking und Lean Startup agieren nämlich Hand in Hand, wenn es um Customer Centricity geht und helfen dabei, eine kund:innenzentrierte Kultur zu etablieren.  Mehr noch: Bei einer ganzheitlichen Anwendung entwickelt sich das volle Potential.

In diesem Beitrag fassen wir das  Thema Customer Centricity basierend auf den effektivsten Methoden zu einer übersichtlichen Handlungsempfehlung zusammen, um es stärker in der Unternehmenskultur zu verankern.

Die Methoden der Customer Centricity 

In der Praxis bietet es sich an, Customer Centricity initial an einer klaren Methode aufzuhängen und die Menschen in Organisationen mit dieser Methode bekannt zu machen.  Diese klare Vorgehensweise mit Sinnvermittlung kreiert den gemeinsamen Erfolg.

Für das strukturierte Angehen von Customer Centricity hat sich die Design Thinking Methode und der Ansatz von Lean Startup etabliert. Hinter den Methoden steckt jeweils ein Prozess, welcher als Ansatz für die Durchführung des Vorhabens genutzt werden kann. 

Design Thinking entschlüsselt Kund:innenbedürfnisse

Design Thinking eignet sich besonders dafür, Kund:innenbedürfnisse in einem bestimmten Bereich zu ergründen bzw. Empathie für Käufer, Nutzer:innen aber auch Nicht-Käufer:innen und Nicht-Nutzer:innen zu entwickeln.

Basierend auf diesem Kund:innen- und Nutzer:innenfeedback werden Lösungen mit festem Einbezug der Bedürfnisse, aber auch unter Berücksichtigung von technischen und wirtschaftlichen Fragestellungen, entwickelt.

Mit Lean Startup pragmatisch entwickeln 

Lean Startup geht von einer existierenden Idee aus, für dessen Geschäftsmodell die kritischsten Hypothesen mittels Experimenten mit Einbezug von Kunden und relevanten Stakeholdern untersucht werden. Ziel der Methode ist es, ein Minimal Viable Product (MVP) zu bauen und dieses mit dem Build-Measure-Learn-Kreislauf auch weiterzuentwickeln.

Anknüpfung der Methoden an erweiterte Ansätze

Zwischen den Methoden gibt es einen fliessenden Übergang, welcher unser Methodenposter darstellt.

Die Innovationsmethoden Design Thinking und Lean Startup haben eine direkte Anschlussfähigkeit an agile Entwicklungsmethoden wie Scrum, Kanban oder skalierte Agilitätsformen wie SAFe. So wird die effektive Vorgehensweise auch bei der konkreten Umsetzung des Betriebsmodells gewährleistet.

Kund:innenzentrierte Methoden bringen eine breite Palette an Tools mit, aus denen sich für die konkreten Vorhaben immer wieder neue, besonders zielführende Aktivitäten ergeben. Der Schlüssel zum Erfolg ist der richtige Einsatz der Tools im richtigen Moment. Dies gelingt durch Praxiserfahrung. 

Für die ersten Projekte lohnt es sich, eine praxisorientierte Schulung oder ein Coaching zu beanspruchen, da nur so das Potential der Methoden vollumfänglich genutzt wird.
 

Kund:innenzentrierung – auch eine Kulturfrage

Auch wenn wir uns bis jetzt mit Methoden beschäftigt haben: Customer Centricity ist eine Denk- und Arbeitshaltung; kein statischer Prozess, der wie anhand einer Checkliste abgearbeitet werden kann.

Eine solche Veränderung in den Grundwerten des Unternehmens birgt verschiedene Hindernisse. Es bedarf Anpassungen in den Prozesse und Technologien. Und nicht zuletzt gilt es natürlich auch die Menschen im Unternehmen abzuholen und auf die Reise mitzunehmen.

Genau deshalb wird der Weg hin zur Customer Centricity durch eine Transformation in der Unternehmenskultur verankert.

Lernkultur kreiert Innovationspotential

Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Methoden Design Thinking und Lean Startup ist die Lernkultur. Das Lernen wird bei allen Tätigkeiten ins Zentrum gestellt.

Auch wenn sich also eine Idee nach Abklärung von Kund:innenbedürfnissen als irrelevant herausstellt oder sich die angedachte Befriedigung des Kund:innenbedürfnisses als technische oder wirtschaftlich unrealistisch zeigt: Im Sinne der Customer Centriciy hat man doch viel gelernt und kann darauf aufbauen.

Für diese Lernkultur braucht es besonders den Mut und das Vertrauen im Unternehmen, Fehler zulassen zu können.

Get Started: Wie Sie das Potential der Customer Centricity für sich nutzen

Nun fragen Sie sich vielleicht, wie eine Anwendung der vorgestellten Methoden im Unternehmen angegangen und Customer Centricity stärker in der Unternehmenskultur verankert werden kann. Unsere Projekterfahrung ergibt folgende Roadmap, die als Grundlage für die erfolgreiche Nutzung dienen kann.

Im kleinen Rahmen lernen

Ein guter Einstieg zur verstärkten Etablierung von Customer Centricity sind Pilotprojekte (oft auch als «Leuchtturmprojekte» bezeichnet), welche durch ein motiviertes, interdisziplinäres Team und – wo nötig - mit externer methodischen Unterstützung durchführt werden.

Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln, Hemmungen und Berührungsängste mit dem direkten Kontakt “zu Kund:innen” abzubauen und positive Eindrücke mitzunehmen. Aus eigener Erfahrung sind Menschen sehr offen, wenn sie ihre Meinung zu einem Thema äussern und ein Produkt oder ein Geschäftsmodell partiell mitgestalten dürfen.

Wenn der Schritt zu einem externen Kunden zu gross ist, kann das erste Projekt mit einem internen Kund:innen gemacht werden. Solche Projekte haben neben dem Outcome des eigentlichen Vorhabens auch das Ziel, die Kultur, d.h. die momentan Vorherrschenden expliziten Praktiken und implizite Überzeugungen, zu herauszufordern und zu verändern.

Gemeinsam das Potential nutzen

Customer Centricity in den Unternehmenswerten zu verankern, bedarf also einem Change. Überzeugende Kommunikation von höheren Stufen, Transparenz und sichtbare Artefakte sind dabei elementar. Mitarbeiter:innen müssen motiviert werden und sich zu jeder Zeit informieren und Feedback geben können.

Kreative Ideen, die den Change hin zu mehr Customer Centricity unterstützen:

  • Kreativlabors (“War Rooms”) - selbstverständlich mit offener Türe
  • Personas in Originalgrösse
  • Ausstellung von Prototypen entlang der Entwicklungsschritte
  • Brown Bag Lunches
  • Newsletter
  • Blogs

Werden Sie kreativ und lassen Sie die Mitarbeitende mitgestalten – mit einem solchen Projekten wird Potential entdeckt, welches ansonsten nie genutzt worden wäre. Dieses Potential bringt dem Unternehmen einen Mehrwert, ist aber auch für die Mitarbeitenden ein zusätzlicher Motivator.

Projektstakeholder miteinbeziehen

Interne Stakeholder müssen mit den neuen Rahmenbedingungen der Pilotprojekte vertraut sein, den Hintergrund kennen und das «Why» verstehen.

In Bezug auf die Steuerung von Projekten gibt es während der Laufzeit Änderungen, die regelmässig kommuniziert werden müssen:

  1. Zu Beginn eines Vorhabens ist aufgrund der unscharfen Kenntnis der tatsächlichen Kund:innenbedürfnisse sowohl Budget, Zeitbedarf und Scope im Sinne vom Outcome nicht klar.
  2. Es gilt, sich auf diese Ambiguität einzulassen - insbesondere zu Beginn. Denn je länger ein Projekt läuft, desto klarer wird auch das Outcome.
  3. Um die Stakeholder an Board zu behalten, ist es wichtig, Transparenz mit Werkzeugen wie Kanban Boards oder Zeremonien aus dem agilen Umfeld zu schaffen und die Methodik wiederholt zu erklären.

Auf Basis der gesammelten Erfahrungen des Projektes bzw. der Projektmitgliedern können weitere Vorhaben angestossen werden und sukzessive eine, für die Organisation und deren Kultur passende Methode etabliert werden.

 

Das Fazit: Maximaler Kund:innenutzen und interne Zufriedenheit als Schlüssel zum Erfolg

Die Nutzung der verschiedenen Methoden für mehr Customer Centricity wird in erfolgreichen Projekten als ganzheitlicher Ansatz betrachtet. Die Modelle können miteinander verknüpft werden und entfalten so ihr volles Potential.

Das Etablieren einer verstärkten Kund:innenorientierung geht einher mit einer gewissen Maturität in der Organisation, was Methoden und Kultur betrifft. Wie beschrieben, ist dabei ein schrittweises Vorgehen mit experimentellen Pilotprojekten, dem Sammeln von Erfahrungen und positiven Ergebnissen relevant.

Wichtig ist auch zu verstehen, dass im ganzen Prozess die eigenen Mitarbeitenden auch als eine Art Kund:in des Unternehmens berücksichtigt werden müssen: Ihre Bedürfnisse an die Organisation und die Weiterentwicklung ihrer Arbeit sollten entsprechend einbezogen werden.

Um langfristige Wertschöpfung zu generieren, ist eine “Employee Centricity” für die interne Weiterentwicklung ist deshalb genauso relevant wie die Customer Centricity.

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