Agilität als logischer Zwilling der Digitalisierung

Der aktuelle Hype um Agilität scheint grenzenlos zu sein. Dabei ist Agilität kein Selbstzweck. Vielmehr bietet sie einen Lösungsansatz zur digitalen Transformation von Organisationen.

Digitalisierung 1.0 = Doing the things right

Dabei unterliegt der Begriff der Digitalisierung selbst einer starken Unschärfe und wird auch im Zeitverlauf unterschiedlich interpretiert - angefangen bei einer stärker IT-gestützten Abwicklung von bestehenden Prozessen über eine strategisch orientierte Transformation von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen bis hin zu einer Transformation von Geschäftsmodellen durch die Nutzung von IT.

Konsequenterweise kamen agile Ansätze zunächst vorwiegend im Umfeld der IT-Entwicklung zum Einsatz. Dabei bestand das primäre Ziel anfangs darin, mit einzelnen Teams sehr lokal und abgegrenzt auf die unmittelbaren Anforderungen der direkten Stakeholder zu reagieren. Dabei konnten aus lokaler Perspektive bereits signifikante Mehrwerte geschaffen werden. Aus einer gesamtheitlichen Unternehmensperspektive streben diese Bemühungen zwar in die richtige Richtung, sie entsprechen allerdings nicht zwangsläufig den Unternehmensprioritäten. In diesem Zusammenhang galt also: Doing the things right.

Digitalisierung 2.0 = Doing the right things

Zwischenzeitlich hat sich allerdings das Verständnis von Digitalisierung verändert: Neue Technologien bieten neue Möglichkeiten, wie und welche Dienstleistungen und Produkte am Markt angeboten werden können. Und das disruptiv in einem Sinne, dass bekannte Wahrheiten und Gesetzmässigkeiten einen immer kürzeren Gültigkeitszeitraum haben.

So galt beispielsweise das Geschäftsmodell von Banken über lange Zeit nicht als grundlegend bedroht. Auch nicht durch die Digitalisierung: Zwar haben sich aufgrund geänderter Präferenzen der Kunden - und damit der Bereitschaft, die Banking-Aktivitäten via Internet abzuwickeln - neue digitale Angebote wie Online Banking und Mobile Banking etabliert. Mit dem Aufkommen der Blockchain-Technologie stellt sich allerdings zunehmend die Frage, ob Banken als solche weiterhin gebraucht werden.

Folglich wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich den Aspekten zu widmen, die sicherstellen, dass das Unternehmen dank Änderungen im Geschäftsmodell überlebt. Hier gilt die Prämisse: Doing the right things.

Enterprise Agile = Doing the right things + Doing the things right

Aufgrund von Geschwindigkeit und Vielfalt der Einflussfaktoren gelangt man zu der Erkenntnis, dass sich die mit der Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen und Möglichkeiten nicht zentral steuern lassen. Vielmehr ist das Verständnis für neue Technologien und deren Einsatz an unterschiedlichsten Stellen in der Unternehmenspyramide verteilt. Nur durch die kollektive Denkleistung aller Organisationsmitglieder lassen sich die besten Kombinationen aus neuen Geschäftsmodellen und Technologien zu Boden bringen.

Darauf zielen Enterprise Agile-Ansätze wie LeSS, SAFe, DSDM und Scrumban ab. Hier liegt der Fokus darin, die Potentiale in Organisation mittels Selbststeuerung zu aktivieren, um sich den richtigen Dingen zu widmen. Dabei versuchen die Modelle fokussierte Entscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen sicherzustellen und gleichzeitig die Kreativität und den Gestaltungswillen aller Organisationsmitglieder zu aktivieren.

In diesem Zusammenhang sehen sich Organisationen mit der Herausforderung konfrontiert, diametral andere Steuerungslogiken für ihre Organisation implementieren zu müssen. Dass diese Implementierung nicht von heute auf morgen ideal umgesetzt ist, liegt auf der Hand.

 

Autor: Sebastian Straus